Sonntag, 4. Dezember 2011

Gedanken zum SPD-Bundesparteitag

Die SPD hat damals als sie mit den Grünen zusammen die Regierung bildetet ihre ureigenste Klientel nämlich die Arbeiterschaft verraten (Hartz IV Gesetzgebung durch den Brioni-Kanzler). Doch dem nicht genug, sie hat seinerzeit zusammen mit der Dagegen-Partei die unheilvolle Deregulierung der Finanzmärkte in die Wege geleitet. Mit Letzterem hat sie die Auswüchse der „Finanzindustrie“ nicht nur gefördert, sondern sogar erst ermöglicht. Dies alles ist mit Sicherheit von ehemaligen SPD Wählern bis heute nicht vergessen worden.


Hinsichtlich Europa, bin ich der Meinung, dass, wenn man Europa wirklich will - also ohne Wenn und Aber - dann muss man alles dafür tun um Geschlossenheit ergo europäische Solidarität nach Außen hin zu demonstrieren. Mit Merkelscher Kleingeisterei und Volker Kauders pseudopatriotischer Populismusstrategie, welcher unlängst tönte, in Europa werde jetzt wieder Deutsch gesprochen, wird Europa jedenfalls nicht das Jahrhundertprojekt, als das es zu anfangs immer wieder, und das völlig zu recht, gepriesen wurde. Die kriegerische Vergangenheit Deutschlands im Herzen Europas sollte man nie vergessen ebenso die gewaltige Herausforderungen welche Europa erst noch bevorstehen werden. Auch was den großen Hunger der europäischen Industrien für lebensnotwendige Rohstoffe anbelangt.

Aus der Rede „Deutschland in und mit Europa“ von Helmut Schmidt Bundeskanzler a. D., beim ordentlichen SPD-Bundesparteitag am 4. Dezember 2011 in Berlin

Zitat:

[…] „Aber zugleich - und fast unbemerkt - hat sich die Menschheit explosionsartig auf sieben Milliarden Menschen vermehrt. Als ich geboren wurde, waren es gerade mal zwei Milliarden gewesen. Alle diese enormen Veränderungen haben gewaltige Auswirkungen auf die Völker Europas, auf ihre Staaten und auf ihren Wohlstand!

Andererseits überaltern alle europäischen Nationen – und überall schrumpfen die Zahlen ihrer Bürger. In der Mitte dieses 21. Jahrhunderts werden vermutlich sogar 9 Milliarden Menschen gleichzeitig auf der Erde leben, während dann die europäischen Nationen zusammen nur noch ganze 7% der Weltbevölkerung ausmachen. 7% von 9 Milliarden! Bis an das Jahr 1950 waren die Europäer über zwei Jahrhunderte lang über 20% der Weltbevölkerung gewesen. Aber seit 50 Jahren schrumpfen wir Europäer – nicht nur in absoluten Zahlen sondern vor allem in Relation zu Asien, zu Afrika und Lateinamerika. Ebenso schrumpft der Anteil der Europäer am globalen Sozialprodukt, d.h. an der Wertschöpfung der ganzen Menschheit. Er wird bis 2050 auf etwa 10% absinken; 1950 hatte er noch bei 30% gelegen.

Jede einzelne der europäischen Nationen wird 2050 nur noch einen Bruchteil von 1% der Weltbevölkerung ausmachen. D.h.: Wenn wir die Hoffnung haben wollen, daß wir Europäer eine Bedeutung für die Welt haben, dann können wir das nur gemeinsam. Denn als einzelne Staaten – ob Frankreich, Italien, Deutschland oder ob Polen, Holland oder Dänemark oder Griechenland – kann man uns am Ende nicht mehr in Prozentzahlen, sondern nur noch in Promillezahlen messen. Daraus ergibt sich das langfristige strategische Interesse der europäischen Nationalstaaten an ihrem integrierenden Zusammenschluß. Dieses strategische Interesse an der europäischen Integration wird zunehmend an Bedeutung gewinnen. Es ist bisher den Nationen weitestgehend noch nicht bewußt. Es wird ihnen durch ihre Regierungen auch nicht bewußt gemacht.

Falls jedoch die Europäische Union im Laufe der kommenden Jahrzehnte nicht zu einer - wenn auch begrenzten - gemeinsamen Handlungsfähigkeit gelangen sollte, so ist eine selbstverursachte Marginalisierung der einzelnen europäischen Staaten und der europäischen Zivilisation nicht auszuschließen. Ebenso wenig kann in solchem Falle das Wiederaufleben von Konkurrenz- und Prestigekämpfen zwischen den Staaten Europas ausgeschlossen werden. In solchem Falle könnte die Einbindung Deutschlands kaum noch funktionieren. Das alte Spiel zwischen Zentrum und Peripherie könnte abermals Wirklichkeit werden.

Der Prozeß der weltweiten Aufklärung, der Ausbreitung der Rechte des einzelnen Menschen und seiner Würde, der rechtsstaatlichen Verfassung und der Demokratisierung würde aus Europa keine wirksamen Impulse mehr erhalten. Unter diesen Aspekten wird die europäische Gemeinschaft zu einer Lebensnotwendigkeit für die Nationalstaaten unseres alten Kontinents. Diese Notwendigkeit reicht über die Motive Churchills und de Gaulles. Sie reicht aber auch über die Motive Monnets und über die Motive Adenauers hinaus. Sie überwölbt heute auch die Motive Ernst Reuters, Fritz Erlers, Willy Brandts und ebenso Helmut Kohls.“ Zitat-Ende

Und was Euro-Bonds anbelangt, bin ich der Meinung, dass durch die Schaffung von konditionierten Euro-Anleihen für einen Teil der Staatsschulden, dem irrationalen und gefährlichen Spekulantentum jedenfalls die Möglichkeit gegen einzelne Staaten zu spekulieren, jeglicher Boden entzogen würde. Damit würde zugleich auch das Ziel, erschwingliche Zinssätze zu erhalten, erleichtert. Dies wäre auch im Interesse von Deutschland.

Fazit: „Deutschnationale Kraftmeierei“, wie H. Schmidt sich zu recht ausdrückte, ist wirklich das Allerletzte, was Europa jetzt braucht.

Zitat:

„Wenn aber jemand zu verstehen gibt, heute und künftig werde in Europa Deutsch gesprochen; wenn ein deutscher Außenminister meint, fernseh-geeignete Auftritte in Tripolis, in Kairo oder in Kabul seien wichtiger als politische Kontakte mit Lissabon, mit Madrid, mit Warschau oder Prag, mit Dublin, Den Haag, Kopenhagen oder Helsinki; wenn ein anderer meint, eine europäische „Transfer-Union“ verhüten zu müssen – dann ist das alles bloß schädliche, deutsch-nationale Kraftmeierei.“ Quelle: H. Schmidt

http://www.hna.de/nachrichten/politik/politik-lokal/helmut-schmidt-spd-bundesparteitag-rede-wortlaut-1516613.html