Donnerstag, 15. März 2012

Obdachlose als WLAN-Hotspots

Die Idee stammt von der New Yorker Werbeagentur Bartle Bogle Hegarty (BBH. Die Obdachlosen die laut FAZ in der vergangenen Woche an diesem Experiment in Austin der viertgrößten Stadt des US-Bundesstaates Texas teilnahmen, kassierten angeblich für ihren Dienst 20 Dollar am Tag. Die Werbeagentur beteuerte, dass sie selbst nichts an dieser Aktion verdient hat.


Auf >> homelesshotspots.org << kann man nachlesen, dass die BBH diese Idee als karitative Innovation betrachtet. Saneel Radia von der Werbeagentur in einem Blogeintrag: „Wir glauben daran, dass diese Menschen mehr Geld verdienen, wenn sie einen digitalen Dienst zur Verfügung stellen, als wenn sie Zeitungen verkaufen“.

Ein Obdachloser zieht sich also ein präpariertes T-Shirt über, welches den 4G- Hotspot beinhaltet. Darauf steht: „Ich bin ein Hotspot“. Will bzw. muss man nun ganz dringend ins Netz und nirgendwo sonst bietet sich eine Gelegenheit dafür, bezahlt man dem Obdachlosen ganz einfach einen kleinen Obolus, setzt sich neben ihn und kann seine E-Mails abrufen, Bankgeschäfte tätigen usw.

So weit so gut. Die Initiative hat aber auch Kritiker. Susan Brooks Thistlethwaite fragt in der Washington Post völlig befremdet, ob wir, als Gesellschaft, unsere Menschlichkeit denn komplett verloren hätten und Tim Carmody wettert in seinem Wired-Blog, die Initiative sei symptomatisch für all das, was das Leben in Amerika im 21 Jahrhundert so schrecklich mache. Sie würde Menschen versachlichen und für Marketing-Zwecke nutzen.

Ich finde es auch degradierend, wenn man Menschen als Dinge (in diesem Fall als Funkmasten) betrachtet. Verschärfend kommt hinzu, dass man hier die Ärmsten der Armen als zweibeinige Hotspots den gutbetuchten Kunden der jährlichen Technologie-Konferenz zur Verfügung gestellt hat. Auch gibt es immer noch keine verlässliche Studie über die möglicherweise schädliche Strahlung. Schließlich trugen die Obdachlosen die Hotspots direkt an ihrem eigenen Körper. Allerdings der Obdachlose der sich dafür zur Verfügung gestellte hat, hat am Ende des Tages Geld verdient. Und war mit Sicherheit heil froh darüber.

Menschenwürdig ist das m. M. nach aber dennoch nicht. Andere finden es natürlich cool.

Menschen als Sache zu betrachten oder gar als Unkostenfaktor zu verunglimpfen ist und bleibt unmenschlich.

http://www.faz.net/aktuell/los-angeles-werber-setzen-obdachlose-als-hotspots-ein-11685263.html

http://www.freitag.de/community/blogs/bambulie/obdachlose-als-wlan-hotspots